Wenn die Geburt näher rückt, beginnt einer der intensivsten und transformierendsten Momente im Leben. Auch wenn der Prozess natürlich ist, wird er sehr unterschiedlich erlebt. Manche Frauen merken kaum, wie die Geburt beginnt, während andere das Gefühl haben, schon seit Tagen in den Wehen zu liegen. Das Verständnis der fünf grundlegenden Phasen kann sowohl für die Gebärende als auch für die Angehörigen, die von der Seitenlinie aus zuschauen, viel mehr Ruhe bringen.
Die Phasen zu kennen bedeutet nicht, dass Sie den Prozess steuern können. Aber es bereitet Sie besser darauf vor, was Sie erwarten können und wie Sie am besten für sich selbst sorgen können. Schauen wir uns mal an, was die fünf Phasen bedeuten und wie sowohl die Gebärende als auch die Menschen um sie herum sie während des gesamten Prozesses unterstützen und entlasten können.
Die erste Phase: Die Latenzphase
Die ersten Anzeichen ähneln oft vereinzelten Wellen auf einem ansonsten ruhigen See. Die Latenzphase kann schleichend und launisch sein. Hier haben die Wehen langsam begonnen, aber sie täuschen leicht – sie beginnen mit unregelmäßigen, nicht so starken Wehen, die mit sehr unterschiedlichen Pausen kommen und gehen.
Manche erleben diese Phase nur für ein paar Stunden. Bei anderen kann sie bis zu mehreren Tagen dauern. Das führt oft zu Verwirrung und Frustration, weil es schwer einzuschätzen ist, wann es wirklich losgeht. Viele Erstgebärende denken, dass sie näher am Ziel sind, als sie es tatsächlich sind, weil sie natürlich noch nicht wissen, wie sich starke Wehen anfühlen.
Hier ist Geduld entscheidend:
- Versuchen Sie sich auszuruhen, auch wenn die Spannung steigt
- Iss leichte Kost und trink genug
- Schaff eine ruhige Atmosphäre – mach vielleicht entspannende Musik an
- Nimm ein warmes Bad oder leg eine Wärmflasche auf den Rücken, wenn das hilft
Die Latenzphase kann sich langwierig und anstrengend anfühlen, aber hier arbeitet sich dein Körper in den Rhythmus der Geburt ein und bereitet dich auf den nächsten Schritt vor.
Die aktive Phase
Wenn die Wehen in regelmäßigen Abständen und mit deutlicher Kraft kommen, ändert sich der Charakter der Geburt. Die aktive Phase beginnt in der Regel, wenn sich der Muttermund auf etwa vier Zentimeter geöffnet hat und die Kontraktionen in Abständen von 3-4 Minuten auftreten. Die Wehen dauern etwa eine Minute und sind deutlich intensiver zu spüren als in der Latenzphase.
Jetzt gibt es oft keinen Zweifel mehr – der Körper arbeitet zielstrebig daran, dass das Kind den Geburtskanal passieren kann. In dieser Zeit kontaktieren die meisten das Krankenhaus oder die Hebamme zu Hause. Es kann eine gute Idee sein, sich den Stand der Dinge anzusehen und sich zu vergewissern, dass alles so läuft, wie es soll.
Die folgenden Anzeichen treten typischerweise in dieser Phase auf:
|
Anzeichen für aktive Wehen |
Welche Strategien helfen? |
|---|---|
|
Regelmäßige, starke Wehen |
Bewusstes Atmen, Unterstützung durch den Partner |
|
Kürzere Abstände zwischen den Wehen |
Fokus auf Entspannung, Entlastung |
|
Gebärmutterhals weiter geöffnet |
Wechselnde Positionen, Bewegung |
Die aktive Phase fühlt sich oft wie der anstrengendste Teil der Geburt an. Viele haben das Gefühl, dass ihre Kräfte wirklich auf die Probe gestellt werden. Aber gleichzeitig leistet der Körper beeindruckende Arbeit – Zentimeter für Zentimeter.
Übergangsphase
Du stehst nun an der Schwelle zwischen der harten Arbeit der Geburt und dem Moment, in dem dein Kind zur Welt kommt. Die Übergangsphase markiert den Wechsel: Der Muttermund ist jetzt vollständig geöffnet, aber der Körper ist noch nicht bereit zum Pressen. Hier wartest du darauf, dass der Kopf des Kindes ganz bis zum Beckenboden sinkt.
Für viele kann das verwirrend oder frustrierend sein. Vielleicht fühlst du dich sehr unruhig und müde. Die Wehen können jedoch etwas nachlassen, während der Körper neue Kräfte sammelt. Manche beschreiben es als eine Art „Pause”, andere empfinden diese Phase als mental und körperlich anstrengend.
Du kannst nichts anderes tun, als die Pausen zu akzeptieren und darauf zu vertrauen, dass dein Körper weiß, was er tut. Manche Frauen nutzen Atemtechniken, lassen sich massieren oder nehmen ein warmes Bad. Auch der Partner oder eine Begleitperson kann Ruhe und Ermutigung bieten.
Pressphase
Jetzt beginnt das große Finale der Geburt. In der Pressphase verspürst du oft einen unwiderstehlichen Drang zu pressen. Das ist ein natürlicher Reflex, der dem Kind auf dem letzten Stück Weg hilft. Bei manchen kommt dieser Drang plötzlich und heftig, bei anderen wächst er allmählich.
Wie die Pressphase erlebt wird, ist sehr unterschiedlich:
- Viele spüren Schmerzen, die stark sind, aber anders als die Wehen – jetzt kannst du endlich deine Kraft aktiv einsetzen.
- Manche fühlen sich kontrolliert und freuen sich, endlich „etwas tun zu können”, während andere es als den Höhepunkt der Schmerzen und Erschöpfung empfinden.
- Der Druck und das Brennen am Ende können überwältigend sein, aber gleichzeitig bist du der Belohnung näher als je zuvor.
Zeitlich reicht das von nur wenigen Minuten bis zu etwa zwei Stunden. Erstgebärende müssen oft länger pressen – und hier ist es besonders wichtig, Ermutigung und Unterstützung zu bekommen.
Nützliche Tipps für die Pressphase:
- Hör auf die Anweisungen der Hebamme, um das Risiko von Rissen zu verringern.
- Probier verschiedene Positionen aus, wenn möglich – in der Hocke, auf allen Vieren, sitzend.
- Nimm Unterstützung und Berührungen an, wenn es sich gut anfühlt.
Stell dir die Pressphase als den letzten Berg vor, den du erklimmen musst, bevor du die Belohnung in deinen Armen halten kannst.
Nachgeburt – die Geburt ist noch nicht ganz vorbei
Kurz nachdem das Baby mit all seinen Geräuschen und Gerüchen auf die Welt gekommen ist, beginnt die Phase, über die viele vielleicht noch nicht so viel nachgedacht haben: die Nachgeburt. Hier muss die Plazenta geboren werden, was in der Regel ruhig und still geschieht. Oft spürt man nur einen leichten Wehen, und dann bittet dich die Hebamme, leicht zu pressen.
Auch wenn es unwichtig erscheinen mag, ist dieser Teil entscheidend dafür, dass sich die Mutter ohne Komplikationen erholen kann. Denn wenn die Plazenta herauskommt, kann sich die Gebärmutter zusammenziehen und die Blutung stoppen.
Wichtige Punkte zum Nachgeburt:
- Die Plazenta kommt normalerweise 10-30 Minuten nach dem Baby raus.
- Die Hebamme schaut sich die Plazenta an, um sicherzugehen, dass alles raus ist.
- Du bist vielleicht mit dem Baby beschäftigt, während dieser letzte Teil stattfindet.
Manchmal wird eine Spritze gegeben, die dabei hilft, dass sich die Plazenta schneller löst, vor allem wenn die Blutung zunimmt.
Das Gefühlsregister währenddessen
Nicht nur der Körper arbeitet während der Phasen der Geburt. Auch die Psyche ist auf Hochtouren. Der Übergang von Neugier und Vorfreude zu Schmerzen, Erschöpfung und ultimativer Erleichterung oder Euphorie kann sich wie eine Achterbahnfahrt anfühlen.
Oft wirst du Folgendes erleben:
- Stimmungsschwankungen und Energie
- Bedürfnis nach Unterstützung von deinen Mitmenschen
- Zweifel, Unsicherheit, Weinen oder Lachen – und oft alles auf einmal
Es ist völlig normal, wenn du das Gefühl hast, unterwegs den Glauben an dich selbst zu verlieren – vor allem in der Übergangsphase. Hier ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass deine Gedanken und Gefühle ein natürlicher Teil des Prozesses sind.
Wie lassen sich die fünf Phasen vergleichen?
Hier ist eine einfache Übersicht, die dir helfen kann, den Ablauf der Geburt und die Vorgänge im Körper zu verstehen:
|
Phase |
Typische Wehen |
Was der Körper macht |
Zeitraum (Richtwert) |
|---|---|---|---|
|
Latentphase |
Schwach, unregelmäßig |
Bereitet die Gebärmutter vor, öffnet sich 0–4 cm |
Stunden bis Tage |
|
Aktive Phase |
Regelmäßig, stark |
Erweitert den Muttermund vollständig |
4–8 Stunden (variiert) |
|
Übergangsphase |
Starke, möglicherweise seltenere Wehen |
Warten auf das Kind, dessen Kopf sich am Ende befindet |
Einige Minuten bis 1–2 Stunden |
|
Pressphase |
Starke Wehen mit Pressdrang |
Kind und Kopf werden herausgedrückt |
Minuten bis 2 Stunden |
|
Nachgeburt |
Kleinere, leichte Wehen |
Die Plazenta wird ausgestoßen |
10-30 Minuten |
Tipps für die fünf Phasen der Geburt
Hör auf jeden Fall auf deinen Körper und nimm eine Phase nach der anderen. Fürsorge, Ruhe und Präsenz sind die Schlüsselwörter:
- Nutze die Pausen, wenn sie da sind. Selbst kurze Verschnaufpausen können Gold wert sein.
- Halt Snacks, Getränke und Entspannungsmöglichkeiten bereit, damit du so lange wie möglich bei Kräften bleibst.
- Such dir Unterstützung – sowohl körperlich als auch mental – von Menschen, denen du vertraust.
- Akzeptier, dass Geburten unvorhersehbar sind. Wenn ein Plan nicht funktioniert, probier einen anderen aus.
- Konzentrier dich auf deine Atmung, Entspannung und die Zusammenarbeit mit deinem Körper.
Die Phasen zu kennen, kann Sicherheit geben, aber es sind vor allem die Fürsorge und Unterstützung für sich selbst und von anderen, die den Unterschied ausmachen. Keine Geburt gleicht der anderen, aber alle verdienen es, mit Respekt und Liebe für die enorme Leistung, die eine Geburt darstellt, behandelt zu werden.